Bäderarchitektur im Ostseebad Sellin

Die strahlend weiße Selliner Seebrücke ist ein Wahrzeichen der Insel Rügen. Wie ein Märchenschloss liegt sie vor dem Horizont der Ostsee. Ein Fahrstuhl und die so genannte „Himmelsleiter“ führen zu ihr hinab. Die „große alte Dame“ der Rügener Bäderarchitektur blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück. 1906 als Landungsbrücke erbaut, wurde sie 1924 von schwerem Packeis zerstört. Ihr Neubau mit Musikpavillon und Konditorei fiel dem strengen Winter von 1941/ 42 zum Opfer. Viele Selliner erinnern sich noch an das Tanzlokal, das von den 1950er bis in die 70er Jahre auf der Seebrücke betrieben und 1978 abgerissen wurde. Nach alten Vorlagen wurde die Seebrücke ab 1992 wiedererrichtet. 1998 wurde das 394 Meter lange Bauwerk aus Holz feierlich eingeweiht. Heute beherbergt es außer einem Restaurant mit Festsaal und Café, auch eine Außenstelle des Standesamtes. Viele Heiratswillige aus ganz Deutschland kommen jedes Jahr hierher, um den Bund der Ehe zu schließen.

Als Sellin sich nach 1895 zum Seebad entwickelte, ließ Fürst Wilhelm I. zu Putbus den früheren „Grünen Steg“ in eine Allee mit Promenadenwegen ausbauen. In der Selliner Wilhelmstraße kann man die ganze Pracht der Bäderarchitektur kennenlernen. Gleich nach der Wende beschloss die Gemeindeverwaltung, die teilweise verfallenen Pensionsvillen zurückzugeben und nach historischen Vorbildern sanieren zu lassen. Darum hat sich das Ostseebad besonders viel von der Atmosphäre und dem Charme des traditionellen Seebads bewahrt. Die vorausschauende Entscheidung sorgt auch dafür, dass die meisten Hotels Sellin und Pensionen heute privat geführt werden.

Die Bäderarchitektur ist ein Sammelsurium verschiedener Baustile und unterschiedlicher Hausformen aus Skandinavien, der Schweiz und dem Mittelmeerraum. Sie sollte dem gutbürgerlichen Publikum auch in der Sommerfrische ihre gewohnte Umgebung vermitteln. Mit der bäuerlichen Wohnkultur auf der Insel Rügen hatte das alles wenig zu tun. Heute wissen Ferienwohnung Rügen Gäste zu schätzen, das sie beides erleben können: die klassische Bäderarchitektur und den ursprünglichen Charakter der Bauern- und Fischerdörfer im Selliner Hügelland.